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Offline in der Wüste - MDS Morocco 24



Beim Marathon des Sables läuft/walkt/”landert“ (Wort stammt von Rafael Fuchsgruber „lau“fen und wan“dern“) man entweder insgesamt 70, 100 oder 120 km durch die Wüste. Die Distanz wird auf 3 Etappen aufgeteilt. Ich entschied mich im Vorfeld für die 100km, was in etwa so aufgeteilt wird: 30km/ 40km / Pausentag / 30km, aber die genaue Tagesdistanz erfährt man erst kurz vor dem Rennen.

 

Die Vorbereitungsphase verlief alles andere als optimal…immer wieder musste ich krankheitsbedingt das Training für ein paar Wochen pausieren. Dann, zwei Wochen vor dem Start der Reise - Diagnose Sehnen-Einriss im rechten Fuß durch Überlastung. Lange habe ich überlegt, ob ich die Reise verschieben soll, da bei weiterer starker Belastung die Sehne ganz reißen könnte. Ich habe mich penibelst geschont und konnte halbwegs schnell, zumindest wieder schmerzfrei gehen. Meine Orthopädin gab mir grünes Licht und so saß ich am 11.10.2024 im Flugzeug von Wien nach Marrakech.

 

Am 12.10.2024 am frühen Morgen wurden alle rund 620 Teilnehmer des MDS Morocco mit Shuttlebussen nach Ouarzazate gefahren. Die Fahrt dauerte ca. 4 Stunden. Also genügend Zeit, um schon mal neue Bekanntschaften zu schließen. Wir wurden in 5 verschiedenen Hotels untergebracht, wo wir eine Nacht verbrachten. Am Nachmittag waren „technical and medical checks“ angesagt. Die Pflichtausrüstung wurde überprüft - jeder Teilnehmer brauchte ein 20l Ultra Bag (Rucksack), gefüllt mit mindestens 2x0,75l Wasserflaschen, Schlafsack, 12 Mahlzeiten (min. ~2000kcal/Tag), 8 Suppenwürfel, Stirnlampe + Ersatzbatterien, ein ärztliches Attest, Sonnencreme, Toilettenpapier, Rettungsdecke, Signalspiegel, Pfeife,…Da kommt ganz schön was zusammen. Mein Ultrabag hatte insgesamt 6,7kg (ohne Wasser), was glaube ich recht minimalistisch ist - zumindest was mich betrifft, auf jeden Fall. ;) Wir bekamen auch unsere Startnummern und ein GPS-Gerät, damit wir in der Wüste nicht verloren gehen konnten.

 

Am nächsten Tag um 9:00 Uhr ging's dann los auf eine 6-stündige Busfahrt in die Sahara (Sidi Ali). Jeder bekam ein Lunchpaket und 1,5l Wasser. Die Fahrt war wieder recht kurzweilig - die schöne Landschaft betrachten, mit neuen Leuten quatschen, … ;) In der Wüste angekommen, wurden wir im wahrsten Sinne des Wortes recht stürmisch begrüßt. Vor den Bussen warteten viele arme Kinder, die sich sprichwörtlich um die Reste unserer Lunchpakete prügelten, dieser Anblick machte mich sehr traurig. Ein kleiner Sandsturm begleitete uns dann auf unseren ersten zwei Kilometern zu Fuß Richtung Bivouac. Dann bezog jeder sein Zelt - unser zu Hause für die nächsten 4 Tage. Die Zelte waren in Kreisen zu je 6 Zelten aufgestellt. Unser Zelt-Zirkel war die Nummer 31 und meine Nachbarn waren aus Österreich (actually just Manfred and I from austria in this MDS edition, didn´t know him before), der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden. Das Event ist sehr international und ich habe auch Leute aus Texas, Kanada, Griechenland, England, Dänemark…kennengelernt - wirklich spannend. Was ich jedoch wirklich so gar nicht erwartet hatte in der Wüste, war REGEN - geschweige denn einen See. Aber beides for real - nur alle 15 Jahre gibt es hier scheinbar Regen und genau in dieser Zeit waren wir dort. Der See rund ums Camp war schon da, als wir ankamen und bereits in der ersten Nacht regnete es wieder. Die Zelte waren zwar wasserdicht, jedoch nur bis zu einem gewissen Grad.



Nach einer mehr oder weniger erholsamen ersten Nacht stand am 14.10.2024 die              

erste (Lauf-) Etappe von 25km an. Mit vollgepacktem UltraBag am Rücken (wir mussten täglich alles aus dem Zelt mitnehmen, außer das übrige Wasser im 5 Liter Kanister, den wir jeden Tag im Ziel bekamen), den Gaitern (Gamaschen) an den Füßen (Schutz auf den Schuhen, damit der Sand nicht (so schnell) in die Schuhe kommt) und dem Lied “Born to be alive” wurden wir in die Wüste losgelassen. Am Start wurde uns noch gesagt, dass über den ganzen Tag verteilt 12mm Regen erwartet werden, also nichts Tragisches. Doch es kam ganz anders. Ich war mit zwei lieben Mädels aus Deutschland unterwegs, die ich auf der ersten Busfahrt kennengelernt habe, Inken und Bianca. Wir beschlossen, MDS weitestgehend “gemeinsam” durchzuziehen, im Endeffekt jedoch jeder in seinem Tempo, falls jemand schneller oder langsamer möchte - no pressure. Ich hatte mich entschieden, die ersten beiden Etappen nur zu walken, erstens, da ich nicht wusste, wie mein Fuß mitspielt, zweitens, da ich auch nicht einschätzen konnte, wie mein Körper überhaupt auf diese Anstrengung reagieren wird und drittens, konnte ich so die Landschaft, die Umgebung und diese Erfahrung ganz anders auf mich wirken lassen und war vom Gefühl her nicht so “getrieben”. Die Strecke war alle 50m mit Fahnen oder besprühten Steinen recht gut markiert - selbst mit Koordinaten zu navigieren wäre glaube ich nichts für mich. Wir waren ca. eine Stunde unterwegs, da hörten wir plötzlich Donner. Hinter uns braute sich ein ordentliches Gewitter zusammen. Dunkle Wolken, starker Wind…wir hofften noch, dass es an uns vorbeiziehen würde, aber nope - plötzlich mittendrin, statt nur dabei. Es begann heftig zu regnen. Die Regentropfen fühlten sich an, als wären es Hagelkörner, es blitzte und donnerte. Wir versuchten noch, unsere Rucksäcke mit den wasserdichten Rucksackhüllen zu schützen. Regenjacken oder Ponchos hatten wir natürlich keine dabei, bzw. war mein Wegwerf-Poncho auf die Schnelle unerreichbar irgendwo in den Tiefen meines Rucksackes vergraben. Da waren wir nun, mitten in der Wüste, dem Unwetter ausgeliefert, ohne die Möglichkeit, uns irgendwo unterzustellen. Doch zum Glück war das Unwetter fast so schnell, wie es gekommen war, auch wieder vorbei. Völlig durchnässt, von oben bis unten, beschleunigten wir unseren Schritt, denn es war sehr windig und kalt. Unser Weg führte uns nun weiter über kleine Bäche, die durch den starken Regen entstanden sind, da der Boden das Wasser gar nicht so schnell aufnehmen konnte. Auf Regen folgt bekanntlich Sonnenschein und es klärte zum Glück recht rasch auf. Die wärmenden Sonnenstrahlen taten gut auf der Haut und trockneten unser nasses Gewand. Auch die Schuhe waren, bis wir an diesem Tag nach genau 5 Stunden und 25km ins Ziel kamen, so gut wie trocken.

 

Tag 3 in der Wüste und die Long-Stage stand auf dem Programm. Man gibt zwar bei der Anmeldung an, welche Distanz man machen möchte, aber bei der zweiten Etappe kann man sich auf der Strecke noch für eine andere Distanz entscheiden. Man weiß bei der Anmeldung nie die genaue Aufteilung der Etappen. Diesmal war es so, dass die erste Etappe mit 25km, die zweite mit 21, 40 oder 56km und die dritte Etappe mit 25,6km geplant waren. Im Endeffekt wären die 100k in dem Fall insgesamt “nur” 90,6km gewesen, ich wollte insgesamt jedoch unbedingt 100km schaffen - meinem Fuß gings gut, die Mädels motivierten mich und so entschied ich mich an diesem Tag für die 56km - aufgrund der Regenfälle wurde über Nacht kurzerhand die Strecke noch geändert und es waren am Ende des Tages “nur” 53km, worüber ich zugegebenermaßen schlussendlich recht froh war. Zu Beginn der zweiten Etappe nieselte es wieder leicht, jedoch blieb es an diesem Tag zum Glück auch dabei und das Wetter wurde so, wie man es sich in der Wüste auch vorstellt - trocken, sonnig und heiß. Es ging durch atemberaubende Landschaften und schier unendliche Weiten. Nach fast exakt 11 Stunden überquerte ich an diesem Abend gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang erschöpft, aber glücklich die Ziellinie.



Tag 4 in der Sahara - Restday. Was macht man einen Restday lang in der Wüste? Das habe ich mich im Vorfeld oft gefragt. Ich habe mich aber auch bewusst dafür entschieden, die Zeit in der Wüste “offline” zu verbringen und nicht übers Handy erreichbar zu sein. Ich hatte es nur mit, um damit Fotos machen zu können. Und ich muss sagen, dieser Tag war mindestens genauso schnell rum wie die anderen. Morgens hatten wir endlich mal Zeit, um in Ruhe zu frühstücken. Ich genoss einen Instant Coffee (der einzige "Luxus Artikel” den ich mir mitgenommen hatte), wir spielten UNO in den großen Zeltlagern, die zum gemütlichen Beisammensein aufgestellt waren, am Nachmittag wurde eine Runde Yoga und Atemübungen angeboten und als kleines Highlight gab es für jeden eine eisgekühlte Coca-Cola. Normalerweise trinke ich nie Cola, aber die hat in dem Moment besonders gut geschmeckt.

 

Schon waren wir an Tag 5 und der letzten Etappe angelangt. Der Startschuss fiel bereits um 5:30 Uhr, es war noch dunkel, aber sehr klar - der Super-Mond erhellte die Nacht in seiner vollen Pracht. Ich fühlte mich körperlich gut am Start und so beschloss ich, die letzte Etappe etwas zügiger durchzuziehen. Die ersten Kilometer “landerte” ich so dahin und irgendwann ging ich dann völlig ins Laufen über. Wenn du vor dir den Super-Mond untergehen siehst und hinter dir die Sonne aufgeht - dieses Gefühl war unbeschreiblich. Irgendwann nahm die Strecke ihre Wendung und wir liefen direkt in den Sonnenaufgang hinein. Voller Adrenalin, Glücksgefühlen, Freude und Dankbarkeit für dieses Abenteuer, erreichte ich nach 3 Stunden und 44 Minuten an diesem Tag das Ziel. Die ein oder andere Freudenträne konnte ich mir beim Überschreiten der Ziellinie und beim Erhalt der Medaille natürlich nicht verkneifen… 😂 Totally emotional. Im Ziel warteten schon die Busse, die uns dann auf einer 6-stündigen Fahrt wieder nach Ouarzazate zurückbrachten, wo die lang ersehnte Dusche im Hotel auf uns wartete.

 

Wir verbrachten dann noch zwei Nächte im Hotel, es gab ein Gala Dinner mit Siegerehrung und die MDS Morocco 24 Movie Präsentation, ein Zusammenschnitt, der vergangenen Tage - dieser Moment war auch nochmal sehr ergreifend, da unter anderem die Emotionen auf der Strecke hier sehr gut eingefangen wurden. Am Freitag war noch eine geführte Tour zum Ksar of Ait-Ben-Haddou, ein Ort, an dem schon unzählige Szenen aus bekannten Filmen gedreht wurden. (zb. aus Gladiator, Game of Thrones…).

 

Mit vielen neuen Bekanntschaften, tollen Erfahrungen, schönen Eindrücken und einem unvergesslichen Abenteuer im Gepäck, ging es am Samstag, den 19.10.2024 wieder nach Hause zurück.



Dieses Erlebnis war wirklich sehr special. Würde ich es wieder tun? “Why not" - Aber nicht nochmal in Morocco, sondern ich würde eine andere Destination wählen.War es so, wie ich es mir vorgestellt habe? Zum größten Teil ja, aber wie schon erwähnt, dachte ich nicht, dass der Restday so schnell rum sein würde, die offline Zeit hat gutgetan, mit Regen hatte ich so überhaupt nicht gerechnet und um ehrlich zu sein, hätte ich gedacht, dass es mich mehr stören würde, 3 Tage lang nicht duschen zu können… 😅

 

born to be alive - go for your dreams


Claudia

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